Donnerstag, 10. Oktober 2019

10.10.19 - El Alto, ganz schön verrückt!



Nach einer erholsamen Nacht in meiner Box wachte ich gegen 7 auf, eine Stunde später machte ich mich auf zum Frühstück. Kurz vor neun startete ich mit einem leeren Rucksack zu meiner Shoppingtour. Da das anscheinend zu früh war, ging ich erstmal einen leckeren Cappuccino im Café El Mundo. Ein total süßes Café mit toller Speisekarte…
Danach suchte ich meine Omi vom letzten Mal, doch irgendwie war sie verschwunden, also ging ich zu einer jüngeren Version. Mit Hilfe einiger Whatsapp-Bilder wurde die Familie zu Hause eingedeckt, das Zeug werde ich jetzt wohl bis Chile mit mir rumschleppen, da die bolivianische Post wohl nicht gerade die zuverlässigste ist… Für gerade mal 60€ gab es doch so einiges:


Danach warf ich einen Blick in die schöne, typisch katholisch reich verzierte San Francisco Kathedrale, bevor ich mich auf den Platz davor setzte. Dort traf ich auch auf die beiden Holländer, die ich in Samaipata kennengelernt hatte und wir unterhielten uns ein wenig. Heute war es richtig war, ich hatte nur noch mein Top an! Dann war People-Watching angesagt. Dank Teleobjektiv ging das ganz unauffällig. V.a. die alten Cholitas hatten es mir angetan.







Leider sieht man hier auch viel Armut auf der Straße. Besonders traurig finde ich, dass unzählige Kinder von früh bis spät neben ihren Mamis auf der Straße sitzen, die verzweifelt versuchen, irgendetwas zu verkaufen. Und meist ist es hier ja echt richtig kalt.


Danach brachte ich meine Einkäufe ins Hostel, buchte schnell meine nächsten Unterkünfte und machte mich wieder auf den Weg in die Stadt. Ich ging nochmal in das Veggie-Café vom ersten Tag, auch hier war es heute spürbar wärmer. Heute gab es Coca-Latte und eine Inka-Bowl mit Maiskolben, Bohnen, Kartoffeln, Quinoa und Erdnusssoße.

So gestärkt ging es zum Treffpunkt der Red Cap Touren, um zwei Uhr startete eine besondere Tour nach El Alto. Und zwar wieder mit Daniel, sehr schön! Keine Free-Walking-Tour, dafür aber mit besonderem Programm. Los ging es mit einem Sammeltaxi zum (einzigen legalen) Friedhof von La Paz, der, den ich schon von der Seilbahn aus gesehen hatte. Dieses Mal aber mit Hintergrundinfos. Die Gräber hier werden in der Regel nach 5 Jahren aufgelöst, denn dann hat der Verstorbene die Welt endgültig verlassen. Die Überreste werden dann verbrannt, bis auf den Schädel. Der heißt Ñatita und man kann ihn kaufen! Man baut ihm dann zu Hause einen Altar und muss ihn täglich mit Coca, Alkohol, Blumen, … versorgen. Zum Dank passt er auf das Haus auf und schützt es vor Einbrechern. Ein sehr abergläubisches Volk, diese Aymara.

Außerdem ist ein Friedhof hier ein Ort der Freude und des Beisammenseins. Deshalb gibt es auch jährlich einen Grafitti-Kontest hier, wobei die Motive etwas mit dem Ort zu tun haben müssen.


Vom Friedhof aus fuhren wir mit der roten Gondel nach El Alto, leider stand die Sonne ungünstig, so dass ich wieder keine guten Bilder von dem bunten Viertel machen konnte. Oben angekommen, wurden wir über das richtige Verhalten im größten Markt (400 Häuserblocks umfassend) aufgeklärt: Rucksack vorne, Hosentaschen leeren und keine fliegenden Babys auffangen! (Das sind nur Puppen, die von einem Taschendiebstahl ablenken sollen)

Auf dem Markt gibt’s wirklich alles. Wer’s drauf hat, kann sich hier aus alten Einzelteilen ein neues Auto bauen. Außerdem gibt’s früh morgens echte Markenartikel mit leichten Fehlern, daneben Kleidung jeglichen Alters oder auch günstige Smartphones. Unter Umständen kann man hier sein eigenes zurück kaufen…

Vom „normalen“ Markt ging es zum Hexenmarkt, der hier deutlich größer ist als unten in La Paz. Direkt dahinter beginnt eine Straße, in der die „Hexenmeister“ ihre Dienste anbieten (so richtig mit einer Art Leistungsangebotskarte…). Überall brennen hier die Opferschalen und es qualmt ziemlich.
Gegen fünf war der erste Teil der Tour beendet, ein paar fuhren mit der roten Linie zurück nach La Paz. Der Rest stieg in die blaue, wo man nochmal die Ausmaße des Marktes sehen konnte. 

Unser Ziel war ein besonderes Spektakel: Cholita-Wrestling! Seit gut zehn Jahren fest verankert in El Alto ohne irgendwelche geschichtlichen Hintergründe. Die „Arena“, in der wir waren, war rein touristisch, am Wochenende muss das aber auch ein Highlight für die Einheimischen sein. Hm, was ich davon jetzt halten soll, weiß ich nicht. Rein sportlich betrachtet waren schon einige spektakuläre Aktionen dabei, die einiges an Körperbeherrschung voraussetzen. Das Drumherum war nicht wirklich mein Fall: Von Anfang an wurde das Publikum auf die Seite einer Cholita gezogen, denn der „Kampfrichter“ war alles andere als unparteiisch, so dass der „Kampf“ teils zwei gegen eine war. Somit war immer gleich klar, wer am Ende „gewinnt“. Und – auch wenn alles nur Show ist – finde ich es nicht wirklich toll, wenn zwei auf eine eindreschen, die eh schon am Boden liegt. Naja, jetzt hab ich es mal gesehen und wie gesagt, artistisch gesehen steckt auch schon so einiges dahinter.




Um sieben wurden wir in einen großen Bus verladen, der uns wieder ins Zentrum brachte. Er hielt an verschiedensten Hostels, ich stieg oberhalb meines Cafés von heute Morgen aus, denn ich wollte ja nochmal zum Essen hin. Sehr lecker, Minzlimonade und vegetarische Quesadillas. Satt und zufrieden lief ich zurück zum Hostel, es war halb neun, als ich wieder dort war. Ich packte meine Sachen, soweit das möglich war, duschte und verzog mich samt Laptop in meine Kapsel. Jetzt ist es Viertel 11, der Blog ist fertig.
Morgen geht es früh mit dem Bus Richtung Süden, nach Oruro, eine Stadt abseits der typischen Touristenpfade, aber Sucre und Potosì kenne ich ja schon…

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