Juhu!
Ich bin wieder in BRASILIEN!!! Hab ich mir aber auch sehr schwer verdient:
Gestern
um 5 kam natürlich niemand. Erst um kurz vor 6, nachdem der Hosteltyp mehrfach
telefoniert hat, zwischendurch hieß es mal, ich soll zu dem Abfahrtspunkt kommen,
aber das war ja anders abgemacht. Dort angekommen zahlte ich 15000 Guyana
Dollar, etwa 65€. Soweit ich mich erinnere, die mit Abstand teuerste Fahrt der
letzten Wochen und zu den schlechtesten Konditionen… Erstmal
stand ich mit einigen anderen noch ewig rum, der Van war da, aber dass mal
einer anfängt ihn zu beladen…
Der Orange ist schon drauf, hatte die Regenjacke an ;-)
Neben mir waren da ein paar Haitianer,
Venezuelaner mit halb chinesischen Kindern, aber keine Guyaner oder
Brasilianer. Ein lustiger Sprachenmischmasch aus Englisch, Spanisch und Kreol. Es
war schon nach 7 bis das Dach voll geschlichtet und in Zeltplane verpackt und
verschnürt war. Dann wurde der Bus beladen und jetzt war (vielleicht) meine
Hautfarbe doch Trumpf, denn der Fahrer fragte mich sofort, ob ich vorne sitzen
wollte. Erst wollte ich ablehnen und meinte, so weit wie möglich weg von der
AC, aber da lachte er nur, „no AC“. Damit saß ich vorne und das rettete meine
Füße vorm Tod durch Einschlafen. Denn was dann geschah, damit hatte niemand der
Mitfahrenden gerechnet. Der Bus hatte drei Reihen à 3 Sitzen, aber in jede
Reihe wurden vier (!) Personen gestopft. Kennt man ja von Jamaica, aber da
fährt man max. mal drei Stunden, aber nicht ne ganze Nacht! In der mittleren
Reihe war nicht mal eine durchgehende Bank, der eine Haitianer sollte sich auf
eine Tasche setzen ohne Rücklehne. Er weigerte sich, sehr gut nachvollziehbar
bei diesem Fahrpreis. „In my country three seats, three people!“ hat er gesagt,
da wird mir Haiti richtig sympatisch. Der Busvollstopfer meinte dann „In my
country five people“ und demonstrierte, wie der 5. gebeugt über die anderen da
steht… Und ich saß da vorne auf meinem Thron und konnte mein Glück gar nicht
fassen. Die mittleren Plätze hatten ja nicht mal eine Kopfstütze und das bei
einer derart langen Fahrzeit…
Gegen
halb acht (statt 5 Uhr) fuhren wir dann tatsächlich aus der Stadt, hielten aber
gleich an der nächsten Tankstelle, wo 140l Kanister auf dem Dach befüllt
wurden. Und der Motor unter meinem Sitz die erste Ladung (von einigen) Öl
bekam. Dann fuhren wir los, die ersten eineinhalb Stunden noch auf einer
geteerten Straße. Dort kam dann auch schon der erste Checkpoint, Beschäftigungstherapie
für Polizisten in einem uralten Wohnwagen, den sie vermutlich einem Holländer
in Surinam geklaut hatten. Nach der Stadt Linden kam dann eine mautpflichtige
Brücke, danach endete die Straße und es ging auf die Piste. Anfangs war sie so
breit wie eine mehrspurige Autobahn, dadurch wurde die Auswahl an Schlaglöchern,
durch/um die man fahren konnte, etwas vergrößert. Ab hier schafften wir
vermutlich einen Schnitt von 30km pro Stunde. Temperaturmäßig war es fast
frisch, die Fenster vorne waren offen und ich hatte den Pulli an.
Mitten
in der Nacht, gegen halb 2 oder so, hielten wir mitten im Nirvana an einer
kleinen Raststation, Kaffee für den Fahrer, Zahnbürsten für viele andere. Das
gute an der Straße hier ist, dass die Gefahr gering ist, dass da der Fahrer
einschläft, selbst auf meinem Chefsessel hatte ich damit Probleme. Kurz darauf
hielten wir schon wieder, Checkpoint Nummer 2… Dieses Mal mit Haus. Während ich
da drin stand und der Polizist meine Visa- und Stempelsammlung begutachtete,
dachte ich mir, die haben doch nicht mehr alle Latten am Zaun! Ich geh zur Tür
raus und was seh ich: Fehlt doch da eine Zaunlatte! Ohne Scheiß, hat wohl
keiner kapiert, warum ich so lachen musste.
Weiter
ging die Fahrt und meine Gedanken wanderten kurz nach Selb ins Lehrerzimmer. 3
Uhr Guyana, 9 Uhr Deutschland, die Lehrerkonferenz beginnt und ich bin wirklich
und wahrhaftig nicht dabei!!! Das Geschaukel ging weiter ohne Pause bis kurz
nach 6, kurzer Halt an einem Hühnerstall mit Essensverkauf und Plumpsklo. Und
fließendem Wasser, direkt von oben… Danach der nächste Checkpoint. Kurzer Blick,
alle Latten am Zaun! Und Tatsache, sie wollten nur was vom Fahrer. Direkt
danach kam ein ziemlich breiter Fluss, den wir auf einer „Fähre“ überqueren
mussten.
Nachdem wir etwa 20 Minuten drauf warteten, dass wir losfahren. Ohne ersichtlichen
Grund natürlich.
Am anderen Ufer, man glaubt es kaum, nach wenigen Metern Fahrt
– ein Checkpoint. Es fehlten zwei Latten, also wieder raus und Passkontrolle:
Wo ich denn hinfahren würde. Hm, mal überlegen, die Straße hat seit diesem
Linden nicht eine Abzweigung gehabt und hat die nächsten 200km bis zur
brasilianischen Grenze wohl auch keine… Hm, ich glaube, äh, also, ich will nach
Argentinien! Und dann suchte er allen Ernstes nach meinem Visum, das ich
überhaupt nicht brauche…
Was nur die von Carglass immer für einen Stress machen...
Wir
fuhren weiter und langsam wurde es echt nervig. Der Van, der von Anfang an
schon den Eindruck machte, dass er so eine lange Strecke nicht schaffen kann,
wollte mehr Öl, dann wollte der Motor gekühlt werden, es wurde an einem Haus
Gepäck abgeladen und und und. Also diese Kiste, in der wir saßen, war echt nur
noch Schrott. Die Scheibe gesplittert und geklebt, die Schiebetür ging nur
unter Gewaltanwendung auf, der Kofferraum irgendwann gar nicht mehr. Der Tacho
hat sich unterwegs aus dem Leben verabschiedet, die Lehne der hinteren Bank hing
auch nur noch zur Deko vorm Kofferraum.
Dann schaukelte der Bus bei einigen
Ausweichmanövern so sehr, dass, wie ich glaube, der Reifen mit dem Radkasten in
Berührung kam und es nach verbranntem Gummi roch. Keine Ahnung, vielleicht kam
es auch von was anderem, aber so überladen wie wir waren, würde mich das nicht
wundern… So fand ich es auch nicht ganz verkehrt, den einzigen Sitz mit Gurt
erwischt zu haben. Außerdem lag überall am Straßenrand Müll und auch meine
Mitfahrer hatten nichts Besseres zu tun als alles aus dem Fenster zu werfen ;-(
Letztendlich
waren es dann 18h (statt angekündigter 15) für 500km Strecke, als wir endlich in der Grenzstadt
Lethem ankamen. Und da kam dann noch der Knaller. Ich dachte ja, ich hätte bis
Boa Vista gezahlt, wurde mir so gesagt und niemand hat widersprochen, als ich
die 15000 auf den Tisch gelegt hatte. Der Bus wurde abgeladen und alle, die
weiter nach Boa Vista wollten, in einen etwas besser aussehenden (und damit
wohl Brasilien tauglichen) umgeladen. Sagt der Fahrer doch zu mir, er nimmt
mich nicht mit, er hält nämlich nicht an der Ausreisestelle von Guyana! Dann stellte
sich heraus, die Strecke nach Boa Vista kostet nicht 15000 Guyana Dollar,
sondern 150 US-Dollar, das ist das Doppelte! Und er kackt mich noch an, ich
würde behaupten, die hätte ich bezahlt, hab ich aber nicht, da man mir ja was
völlig anderes gesagt hatte. Ein absolutes Riesen-A… Ich verabschiedete mich
mit ein paar ähnlich freundlichen Worten in etwa, dass ich doch sehr froh sei,
dieses Land zu verlassen, wo man als Tourist nur verarscht wird und mich sehr
darauf freue, nach Brasilien zurückzukommen… Für überteuerte fast 10€ brachte
mich dann jemand die echt kurze Strecke zur Ausreisestelle, wo ich ganz allein
war – es dauerte 5(!) Minuten, wenn überhaupt. Dann fuhr er mich über eine
lustige Brücke, die aus Links- Rechtsverkehr macht zur brasilianischen
Einreisestelle, wo die anderen direkt nach mir ankamen. Vor mir war keiner, ich
bekam einen Stempel für 67 Tage (ich glaube, ich darf innerhalb eines halben
Jahres 90 Tage in Brasilien sein…). Ich kann mich nicht erinnern, jemals so
froh gewesen zu sein, ein Land zu verlassen wie bei Guyana, eigentlich echt
traurig…
Hier
standen eine Reihe wunderschöner brasilianischer Sammeltaxis, die einen für
gerade mal 60 Reais, etwa 13€ bis zur Haustür in Boa Vista bringen. Fazit: Ich
bezahlte also knapp 90€ statt 135€ wie die anderen im Bus. Muss ich dem A… ja
fast noch dankbar sein! Dafür musste ich noch kurz warten bis die Fahrt losging.
Die AC funktionierte einwandfrei, juhu, ich war zurück! Außer mir waren noch 6
Leute im Auto und schon wieder alle aus Haiti. Aus irgendeinem Grund scheinen
die nach Georgetown zu fliegen und dann auf dem Landweg weiter zu fahren wohin
auch immer…
Eine
gute Stunde später, gegen 4 Uhr, waren wir endlich in Boa Vista im nördlichen
Amazonasgebiet. Ein Traum, kein Gehupe, fast zivilisierte Verkehr, Ampeln
werden beachtet, es gibt Fuß- und Radwege ohne offene Kanalisation. Toll! Der
Fahrer brachte mich zu meinem Hostel, das auf den ersten Blick schon klasse ist.
Ich wurde super freundlich empfangen, alles ist neu, sauber und sehr
weitläufig. Ich bin mit einem Mitschläfer in einem 8er-Dorm und das Highlight:
Es gibt schon wieder einen Pool! Den hab ich gleich mal eingeweiht und mir den
Staub von der Straße abgewaschen. Als ich getrocknet war, bin ich losgezogen,
um was zu essen zu suchen. Fast peinlich, es wurde Pizza… War ganz ok, wenn
auch nicht weltbewegend, aber ich war zu hungrig, um länger zu suchen. Das Hostel
ist mitten in einem Wohngebiet, da ist die Auswahl überschaubar. Leider hab ich
den zum Nachtisch geplanten Açai nicht mehr geschafft, aber morgen gibt es ihn!
Jetzt sitze ich ganz entspannt auf der Hostelterrasse, es ist gleich halb 9,
aber alt werde ich heute nicht mehr… Gute Nacht!
(Sorry,
dass ich so viel geschrieben habe, obwohl ich heute doch gar nichts gemacht
habe…)
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