Sonntag, 1. September 2019

01.09.19 - Surinam - Land Nummer 67 (wenn ich keines vergessen habe...)



Heute Nacht schlief ich mal wieder ziemlich gut, auch wenn ich irgendwann mal Mückenmittel auflegen musste… Gegen halb acht war ich wach, blieb aber noch etwas liegen. Dann packte ich, zog mich an und frühstückte mein restliches Camembert-Baguette von gestern, in der Hoffnung, dass Laura und Alexandre irgendwann erwachen würden. 


Nachdem sie aber um halb 11 immer noch tief und fest schliefen, schrieb ich ihnen einen Zettel und machte mich auf. Bis zum Stadtzentrum waren es fast 5km, Busse gibt’s hier gar nicht. Mir schwante also nichts Gutes, aber ich hatte Glück. Schon der erste Autofahrer erbarmte sich und nahm mich mit, brachte mich sogar exakt bis zu meinem Ziel, dem Camp de la Transportation.

Dort angekommen erfuhr ich, dass die Tour gerade gestartet wäre, aber alle Tourteilnehmer saßen noch da und warteten, also konnte ich noch mit. Meinen großen Rucksack ließ ich im Eingangsbereich zurück. Leider waren alle anderen Franzosen und die Tour somit auch nur auf Französisch. 

Aber der Guide sprach ganz untypisch, sehr langsam, so dass ich doch recht viel mitbekam. Das Camp wurde in Napoleons Zeiten gegründet und blieb bis nach dem 2. Weltkrieg bestehen. Es wurde genutzt, um unliebsame Zeitgenossen aus Frankreich aus dem Weg zu räumen. Die mussten dort meist bis zu ihrem Lebensende (was so lange nicht gedauert haben kann) Zwangsarbeit leisten. 


Es gab Einzelzellen und welche, in denen bis zu 60 Gefangene dicht an dicht nebeneinander angekettet lagen. Bekanntester Insasse war Papillon. In Zelle 47 ist sein Name in den Boden geritzt. Ob er das war oder jemand das später gemacht hat, ist unbekannt…

Gegen halb 1 war die Tour zu Ende, ich holte meinen großen Rucksack und machte mich 2km auf den Weg zum Hafen und dem Immigration Office. Dort lief alles völlig unkompliziert. Ich wurde nur gefragt, wo ich den vorher war, da ich ja keinen Einreisestempel hatte, dann kam ein Ausreisestempel in den Pass und ich durfte weiter zu den kleinen Booten, mit denen man den Fluss überquert. Dort traf ich auf einen Einheimischen, der mich nach meinem Ziel fragte und mir dann gleich ein Sammeltaxi klar machte. Wir fuhren über den Fluss und wurden drüben schon von Claudia, meiner Fahrerin empfangen.


Gemeinsam gingen wir durch die Einreisestelle hier, ich musste noch den obligatorischen Fragebogen einiger Länder ausfüllen, dann gab’s den Stempel für mein 67. Land in den Pass. Surinam! Das erste echte neue Land auf dieser Reise. Wir luden meinen Rucksack in den Van und schon ging die Fahrt los. Claudia meinte, da Sonntag ist, ist nix los und es lohnt sich nicht auf andere Fahrgäste zu warten. Sollte mir recht sein. Die Fahrt ging zwei Stunden durch grün, es sah genauso aus wie in Französisch Guyana. Kurz vor der Hauptstadt Paramaribo hielten wir an einer Wechselstube. Der Umtauschkurs war echt fair, ich bekam genau das, was meine Währungsapp sagt!
Weiter ging die Fahrt und kurz vor vier waren wir an meinem Ziel, dem B&B Farimi etwas nördlich vom Zentrum. Auf den ersten Blick ein echt tolles Hostel. Empfangen wurde ich von der holländischen jungen Chefin Kim, die mir ohne irgendeinen Bürokratiemist wie Pass oder Geld das Hostel und mein Zimmer zeigte. Statt 4 Betten stehen gleich nur zwei drin und eines ist leer. Damit kann die AC wieder aus bleiben, juhu! Alles hier ist sehr weitläufig und super gemütlich, eine große Terrasse mit bequemen Stühlen, Hängematten auf dem Balkon und ganz viel Pflanzen überall. Europäische Leitung sag ich nur und jemand, der selbst gerne und viel reist…

Ich zog mich um, dann entdeckte ich Kims Informationsecke über diverse Touren. Sie brachte mich von meinem ursprünglichen Plan ab und empfahl mir etwas anderes, eine Tour zum Upper Suriname River in eine Gegend, frei von Internet- und Handyempfang, in der die Nachkommen der Maroons leben. Das sind die von ihren Plantagen entflohenen Sklaven, die sich dort angesiedelt hatten. Kim empfahl mir eine Art Lodge, die sehr nah an den Einheimischen dran ist, wo man nicht irgendwie abgeschottet als Touri ist. Während sie alles klar machte, machte ich mich auf zu einem sehr frühen Abendessen – ich hatte echt Hunger, gab ja nix seit dem Brot heute früh…
Auf Empfehlung landete ich eine Straße weiter bei einem Inder, da kann ich ja nie was falsch machen. Die Karte war holländisch, aber mein Hindu ist zumindest für Speisekarten absolut ausreichend, dass mir der Name der Gerichte reicht ohne Erklärung dazu ;-) Es gab vegetarische Samosa und Paneer Masala (dieser indische Käse in Soße) mit Naan Brot. Lecker und angenehm scharf (ich hab „Spicy, but not indian-spicy“ bestellt), wenn auch nicht ganz so gut wie im Goa. Dafür zahlte ich für alles zusammen nicht mal 12€. Die Preise sind hier wieder südamerikanisch fair, wenn auch noch etwas teurer als in Brasilien. Während ich wartete und aß, las ich den Reiseführer, der im Hostel lag, Bradt, noch nie gehört, aber echt gut strukturiert und informativ (gerade auf Amazon geschaut, den gibt’s in sau vielen Ländern, wo es keine Lonely Planet gibt, sollte ich mir merken, auch als Kindle-Edition). Was Kim mir da empfohlen hat, klingt jedenfalls echt klasse, freu mich voll drauf!
Frisch gestärkt drehte ich noch eine kleine Runde, kaufte zwei Dosen Parbo-Bier und trank noch einen Cappuccino (Besser als in Belem, nicht so gut wie in Cayenne, aber es war ein echter). Dann, gegen halb 7, lief ich zurück zum Hostel. Kim bestätigte mir, dass ich übermorgen zum Upper Suriname River fahren kann. Man kann das auch auf eigene Faust machen, aber bisschen Touri spielen schadet auch nicht, jetzt hab ich das komplette Paket mit Bus, Boot und Vollpension, kostet 150€ für drei Tage, da kann man jetzt nicht meckern!
Ich duschte, gönnte mir eine Ladung Deet (langsam verwende ich das wie andere Leute Bodylotion) und setzte mich auf die Terrasse an den großen Frühstücks(?)Tisch. Der Blog von gestern ist online, der von heute dann auch gleich, außerdem hab ich noch wenig Bewertungen geschrieben und sonst das Internet genutzt. Viel mehr wird heute auch nicht mehr passieren. Morgen mach ich hier einen entspannten Sightseeing-Tag, hoffentlich darf ich den Reiseführer mitnehmen, der hat quasi die fertige Route…

Ach ja, da hab ich doch noch was vergessen: Surinam war ja mal holländische Kolonie, also ist das hier die Amtssprache, aber jeder kann englisch. Man fährt links (von wegen, die Death Road in Bolivien wäre die einzige Straße Südamerikas mit Linksverkehr) und was absolut erschreckend ist: die haben gelbe Nummernschilder! Echte Holländer! Hab nur noch keinen Wohnwagen gesehen...

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